Von Ende Oktober bis Ende November 2005 bereisten wir Südindien. Eigentlich muss man sagen, dass wir nur durch Südsüdindien radelten. Das Land ist sehr groß, auch wenn unsere Strecke sich auf der gesamten Karte winzig ausnimmt, waren es doch fast 1500 km. Der Süden des Subkontinents wird von vielen auch als "Indien light" bezeichnet, denn die Bevölkerungsdichte ist nicht ganz so hoch wie im Norden, die Armut nicht ganz so krass und der Verkehr nicht ganz so dicht. Es reicht trotzdem! Auch konnten wir ein starkes West-Ostgefälle feststellen, ab Mysore sahen wir so gut wie keine Ochsen- oder Eselskarren mehr, jeder hatte ein Auto oder Moped.

Der Hauptmonsun ist um diese Zeit vorbei, allerdings gibt es in dieser Region noch einen schwächeren "Nachmonsun", der gelegentlich für Überschwemmungen und weggespülte Straßen sorgt. Wir hatten jedoch Glück und die heftigen Regenschauer gingen, wie wir dann in den Zeitungen lesen konnten, immer gerade dort runter wo wir noch nicht oder schon zwei Tage vorher gewesen waren.

 

Der Flug erfolgte mit den Emirates Airlines über Dubai, die zu diesem Zeitpunkt Räder zu einem halbwegs vernünftigen Preis transportierten (US$ 5,-- pro kg Übergewicht). Die Ankunft in Chennai, dem früheren Madras, war dann erst einmal ein kleiner Schock. 35° im Schatten bei über 90 % Luftfeuchtigkeit, da hat man das Gefühl gegen eine Wand zu laufen. Dann der unglaubliche Lärm, das Gedränge, die Menschenmassen. Auf dem Gepäckband machten sich unsere Satteltaschen wie Spielzeug aus unter den ganzen Kühlschränken, Waschmaschinen, Computern, die die indischen Passagiere aus den Emiraten mitgebracht hatten. Wie die das mit dem Übergepäck geregelt haben, konnten wir nicht in Erfahrung bringen.

 

Ein Taxi bringt uns zu unserem Hotel in der Innenstadt, die Räder notdürftig aufs Dach gebunden. Die Straßen stehen vom letzen Regenguß  noch ziemlich unter Wasser, alles ist auch ziemlich dreckig, aber doch nicht ganz so arg, wie vorher angenommen. Überall gibt es kleine Garküchen, wo man für einen Euro zu zweit leicht satt wird, sofern man indisches Essen mag. Ich konnte mich in vier Wochen nicht daran gewöhnen!

 

Am nächsten Tag heuern wir eine Motorradrikscha für den ganzen Tag an, € 3,50, die uns zu den diversen Sehenswürdigkeiten der Stadt bringt. Die 4,5 Millionenmetropole ist eine Industriestadt, vor allem die Automobilindustrie ist stark vertreten, sie hat aber auch zahlreiche namhafte Universitäten.

Eine der ältesten und schönsten ist die University of Madras, deren imposante Gebäude fast direkt am Strand liegen. Sehenswert sind auch einige Kirchen und Tempel wie der Kapalishvara Tempel.

 

 

In aller Frühe verlassen wir Chennai Richtung Süden. Die Luft ist zum Schneiden, dagegen sind unsere verkehrsgeplagten Innenstädte die reinsten Luftkurorte.

Vor einem Jahr wurde die Küste hier von dem verheerenden Tsunami getroffen, nun sehen wir überall neue palmgedeckte Hütten und neue Fischerboote. Als wir mal mit ein paar Fischern ins Gespräch kommen, bedanken sie sich ganz herzlich, dass sie von uns Deutschen soviel Hilfe bekommen haben.

Wir bleiben in der Steinmetzstadt Mamallapuram (auch Mahabalipuram) mit ihrem berühmten Shore Tempel und den Felsenreliefs, Zeugen der jahrhundertealten Handwerkskunst hier.

Im Ort ist die Hölle los, es ist Diwali, eine Mischung aus Weihnachten und Silvester. Knallfrösche, Feuerwerkskörper detonieren unaufhörlich und die omnipresenten heiligen Kühe zucken nicht einmal mit der Wimper, wenn direkt neben ihnen eine Batterie Schweizer Kracher in die Luft geht. Überhaupt sind sie, wie auch die Hunde, Katzen, Vögel etc., absolut ruhig und gelassen, fressen genüßlich mit superscharfen Curries gefüllte Plastiktüten und lassen sich weder von Autos noch Mopeds irgendwie stören.

 

 

Unser Weg führt uns auf einer nagelneuen Straße durch wunderschöne Landschaft und Reisfelder nach Kanchipuram. Überall sind kleine Ortschaften, die in keiner Karte verzeichnet sind, Orte unter 100.000 Einwohner sind offensichtlich nicht erwähnenswert. Uns kann es nur recht sein, so gibt es immer wieder Gelegenheit zu einer kurzen Cola Pause oder einem kleinen Imbiss. Sofort sind wir dann von einer Schar Neugieriger umringt und werden mit Fragen gelöchert, wo wir herkommen, wie wir heißen und warum wir mit dem Fahrrad unterwegs sind, wir könnten uns doch ein Auto leisten, schließlich sind wir reiche Europäer!

In Kanchipuram quartieren wir uns im modernen und blitzblanken Hotel Baboo Soorya ein, für umgerechnet € 7,-- die Nacht, zu zweit wohlgemerkt! Dafür gestaltet sich die Suche nach einem Restaurant etwas schwierig. Wegen Diwali haben fast alle geschlossen und wir laufen ständig Gefahr von einem Feuerwerkskörper abgeschossen zu werden. Im TM Hotel werden wir dann doch noch fündig und können zum Essen ein Feierabendbierchen genießen.

 

 

Am nächsten Tag erwartet uns eine grottenschlechte Straße, aber wir schaffen trotzdem 125 km bis Tiruvannamalai, weil es wenigstens flach ist. Zu allem Überfluß regnet es auch noch. Wir sehen aus wie kleine Schweinchen. Essenstechnisch bin ich auch ziemlich gefrustet, als Babykostesser schmeckt es mir halt am Besten, wenn andere sagen, dass es fad sei. Nicht grad das Richtige für Indiens Küche mit all den Gewürzen und Chillis. In Krishnagiri habe ich dann aber ein besonderes Erlebnis was Essen anbelangt. Auf der Speisekarte steht "swiss soup", die der Ober als "very delicious" anpreist, also bestell ich sie. Er kommt mit einer Tasse, reißt vor meinen Augen eine Nestlé Tüte auf und kippt heißes Wasser dazu, fertig ist die köstliche Schweizer Suppe!

Die Straße nach Bangalore ist eigentlich eine vierspurige Autobahn, aber trotzdem laufen dort Menschen, Kühe, Hunde herum, Ochsenkarren werden von LKWs an die Seite gedrängt und wir Radfahrer kämpfen uns durch so gut es geht. Bald tauchen die ersten hochmodernen Glasbauten der Hightechkonzerne auf, dazwischen aber immer wieder die armseligen Hütten der unteren Kasten.

Das Zentrum Bangalores wartet mit superchiquen Espressobars und Cafeterias auf, in denen die Yuppies der Stadt an einem Cappuccino nippen. Das ländliche Indien scheint meilenweit entfernt, aber nur ein paar Straßenzüge weiter watet man wieder durch Dreck und Unrat bis zu den Knöcheln.

Unser Hotel in der Church Road ist stark moslemisch geprägt. An der Decke jeden Zimmers weist ein Pfeil nach Mekka und an der Tür sind Verhaltensregeln angeschlagen, die den Alkoholkonsum innerhalb des Hotels verbieten. Tja um so besser mundet uns der von zu Hause mitgebrachte Whisky, den wir uns jeden Abend zum Desinfizieren des Magen-Darm-Trakts genehmigen. Übrigens sehr wirkungsvoll! Keine einzige Unpässlichkeit in den vier Wochen, obwohl ich mich, zu Peters Entsetzen, nicht immer an die Devise "peel it, cook it or leave it " gehalten habe.

 

 

Wir besichtigen das imposante Regierungs- und Parlamentsgebäude, den angrenzenden Gubbon Park und den Zentralmarkt, der, umgeben von einer einzigen Kloake, auf mehreren Stockwerken alles bietet was man so zum Leben braucht. Im Untergeschoß werden Blumen und Pflanzen feilgeboten, die hauptsächlich zu zeremoniellen Gebinden verarbeitet werden. Im Erdgeschoß gibt es alles an Gemüse und Obst, auch etwas Fleisch (die Inder sind größtenteils Vegetarier) und im Obergeschoß dann Pfannen, Töpfe, Nähmaschinen, religiöse Bilder usw. Es herrscht ein unglaubliches Gedränge und Geschubse. Höfliches Abstand halten, ordentlich in der Schlange anstehen ist nicht die Sache  der Inder. Hier sind Elbogen gefragt.

Außerdem wollen alle unbedingt fotografiert werden, was bei mir kein Problem ist, denn ich fotografiere digital, kann also alle Köpfe wieder löschen, wenn mir danach ist. Mit Peters analoger Kamera ist das etwas anderes, da braucht es manchmal gute Ausreden, warum man jetzt nicht auf den Auslöser drückt.

 

 

Um halb sieben Uhr morgens machen wir uns auf den Weg nach Mysore, aber bereits um diese Zeit herrscht auf Bangalores Straßen Dauerstau, so dauert es einige Zeit bis wir aus dem Moloch heraus sind. Dank super guter Straße und meistens leichtem Gefälle schaffen wir die 150 km bis in die alte Maharadscha Stadt spielend. Hier werden wir zum ersten Mal mit dem Phänomen "Schlepper" in Gestalt eines etwa 12 Jahre alten Jungen konfrontiert. Die Hotels, die er uns vorschlägt, müssen wir wegen akuter Baufälligkeit ablehnen, wir suchen uns selber eins, aber so leicht lässt er sich nicht abschütteln. Als wir zwei Stunden später aus dem Palace Plaza www.radissonblu.com/hotel-mysore kommen wartet er schon vor der Tür und will uns die Stadt zeigen. Er will uns natürlich nur in irgendwelche Geschäfte locken, um Provision zu kassieren. Wir weigern uns standhaft und sind ihn dann endlich los. Unser Hotel ist sehr schön und komfortabel, in unmittelbarer Nähe zum Palast gelegen. Was wir allerdings nicht beachtet haben: direkt daneben steht auch eine Moschee und der Muezzin ruft mehrmals täglich mit unglaublicher Lautstärke zum Gebet. Vorteil: wenn man früh aufstehen will braucht man keinen Wecker.

Die Hauptattraktion der Stadt ist der prunkvolle Maharadscha Palast und wir haben besonderes Glück, denn es ist Sonntagabend. Dann wird der Palast mit über 80.000 Glühbirnen erleuchtet. Ein berauschender Anblick! Aber auch innen ist das Gebäude unvorstellbar reich ausgeschmückt.Unser König Ludwig würde vor Neid erblassen. Leider muss man seine Kameras oder Handys abgeben, damit auch ja keiner in Versuchung kommt zu fotografieren. Sehr, sehr schade.

Sehenswert ist auch der Devaraja Markt von Mysore und hier tummeln sich wieder etliche geschäftstüchtige Buben. Einer begrüßt uns auf gut bairisch "Servus" und erzählt uns von seinem bairischen Freund Ludwig mit dem Bierbauch. Dieser Ludwig scheint hier eine bekannte Größe zu sein, denn von ihm erzählen uns noch ein paar weitere Jungs.

35 km südöstlich der Stadt befindet sich der kleine Ort Somnathpur mit seinem wunderbaren Keshava Tempel. Nur wenige Touristen verirren sich hierher, vielleicht auch weil die Straße nur eine Aneinanderreihung von Löchern ist. Als wir unterwegs einen kurzen Fotostopp einlegen, hält ein junger  Inder an und zeigt uns seine Kunstfertigkeit. In Windeseile schnitzt er aus einer roten Rübe eine Rose und faltet aus ein paar Blättern und Gräsern einen Stern. Genial!

 

 

Nach drei Nächten in Mysore fahren wir in den Bandipur Nationalpark. Das Gebiet gehörte einst zum Jagdgebiet des Maharadschas und wurde bereits 1930 unter Schutz gestellt und später erweitert. Heute bildet es mit drei weiteren Nationalparks die Nilgiri Biosphere Reserve, eines der größten, geschützten Waldgebiete Indiens.

Wir quartieren uns im Tusker Trail Resort www. tuskertrailresort.com ein, das auch eine Aufzuchtstation für verwaiste Wildtiere beherbergt. Nach einem vorzüglichen Mittagessen geht es im Jeep zwei Stunden lang durch den Park. Wir sehen sehr viel Wild, jede Menge Affen, Eisvögel und einen riesigen Gaur, eine Art Bison. Plötzlich taucht wie aus dem Nichts eine Gruppe wilder Elefanten auf. Sie drohen ein wenig und verschwinden dann wieder im dichten Grün.

Am Abend zeigt uns einer der Ranger einen Film über die Arbeit in der Aufzuchtstation. 1999 hat er hier unter anderem zwei Leopardenjunge aufgezogen und erfolgreich ausgewildert. Das Weibchen hat mittlerweile bereits vier Würfe großgezogen und hält immer noch Kontakt zu ihrem "Ziehvater". Wirklich rührend.

 

 

Unsere nächste Station ist Ooty, 2250 m.ü.M. in den Nilgiri Hills gelegene Bergstation. Von Bandipur aus führen zwei Wege dorthin. Wir entscheiden uns für die kürzere und steilere, weil sie angeblich spektakuläre Ausblicke bietet. Leider nicht uns. Wir erklimmen die 36 Kehren im dichten Nebel. Tropfnass von Schweiss und äußerer Feuchtigkeit landen wir dann schon wieder beim Maharadscha von Mysore. Das Regency Villas www.welcomeheritagehotels.in/hotel-overview/regency-villas-ooty war einst das Gästehaus des Maharadschas. Ein wenig Renovierungsarbeit würde nicht schaden, aber der Service ist perfekt. Am offenen Kamin stärken wir uns mit Sandwiches und Bier und tauen unsere eingefrorenen Zehen auf.

Unweit des Hotels steht der ehemalige Sommerpalast des Maharadschas, den die Maharani gerade zu einem Luxushotel ausbauen lässt. Ein Wachmann entdeckt uns und gibt uns voller Stolz eine Führung durch das Haus. Fotografieren lässt er uns leider nicht, aber er erzählt uns einiges aus dem früheren Leben der indischen Herrscher hier. Im riesigen Ballsaal, dessen Decke wie ein Sternenhimmel gestaltet ist, sieht man förmlich die feine Gesellschaft der Kolonialherren und ihrer Gastgeber feiern.

Ein Besuch der Botanical Gardens und eine Fahrt mit der Schmalspurbanhn nach Coonoor runden unseren Aufenthalt in Ooty ab.

 

 

Durch wunderschöne Landschaft rollen wir bergab Richtung Mettupalayam. Dort werden wir von zwei Motorradfahrern angesprochen, die angeblich von der Zeitung sind. Sie stellen ein paar Fragen und fotografieren uns. Wir schenken dem Ganzen nicht weiter Beachtung, schließlich werden wir jeden Tag von zig Leuten gefragt, wer wir sind, wo wir herkommen, wie es uns gefällt usw. Bald schauen wir uns nach einem Ort zum Mittagessen um und schwupps! landen wir in einer Hochzeitsgesellschaft. Es hilft alles nichts, wir müssen mitfeiern und so sitzen wir staubig, verschwitzt und stinkend unter den in feinste Seide gekleideten Indern. Von Feierlichkeit allerdings keine Spur, alles läuft voll hektisch ab. Aus riesigen Eimern werden die diversen Speisen auf die Bananenblätter geklatscht, schnell hinuntergeschlungen, wer fertig ist, klappt das Blatt zu und steht auf. Das wars dann.

Am nächsten Tag fahren wir auf einer kleinen Straße Richtung Munnar, als uns plötzlich ein junger Mann eine Zeitung unter die Nase hält und fragt, ob wir das sind. Wir sind es eindeutig, leider können wir den Text nicht entziffern, zwei Jahre später wird uns aber eine Übersetzung vorliegen, die uns über die blühende Fantasie der indischen Reporter nur so staunen lassen wird. Angeblich sind wir auf einer Friedensfahrt!

 

 

Die Fahrt nach Munnar führt uns durch das Indira Gandhi and Chinnar Wildlife Sanctuary mit hunderten von Schmetterlingen und Papageien, eine traumhafte  Strecke.

Am nächsten Tag heuern wir einen Rikschafahrer an, der uns durch die Teeplantaschen und vorbei am Madupetti Staudamm hinauf zur Top Station bringt. Bis dahin zieht es leider wieder komplett zu und es ist wieder nichts mit Aussicht. Dafür können wir einige Arbeitselefanten beim Baumstämmetransport beobachten.

Zurück in Munnar erreichen wir gerade noch rechtzeitig die letzte Führung durch das Teemuseum.

Gepflückt wird der Tee fast ausschließlich von Frauen, die für diese schwere Arbeit am Tag nicht einmal einen Euro bekommen. Sie ernten am Tag etwa 15 bis 25 kg grüne Blätter, daraus gewinnt man ungefähr 4 bis 6 kg fertigen Tee.

Auf unseren beiden Straßenkarten ist lediglich eine Straße von Munnar nach Kumily verzeichnet, ganz offensichtlich gibt es aber noch eine andere. Die, auf der wir fahren ist unglaublich schön, führt immer an einem Fluss entlang durch enge, grüne Schluchten. Zwischendurch tauchen richtige Villen auf, ein seltener Anblick in Indien. Irgendwann stellt sich heraus, dass es definitiv nicht die Strecke ist, die wir fahren wollten, sie ist deutlich länger. Aber egal, wer weiß ob die andere Route so schön gewesen wäre. Und so landen wir im schönsten Hotel unserer Reise, das zudem noch sehr günstig ist. Das Doppelzimmer kostet umgerechnet € 8,50 und hat absolut drei Sterne Qualität. Der Ort Kattapana ist ebenfalls in keiner unserer Karten verzeichnet. Dank google maps kann ich mittlerweile unseren Strecke nachvollziehen. Der entsprechende link folgt am Ende des Reiseberichts, hier der link zu unserem Hotel:  www.edasseryonline.com/mansions_kattapana.html

 

Seit wir im Bundesstaat Kerala sind, müssen wir auf unser heißgeliebtes Feierabendbierchen verzichten. Wenn wir nach einem Bier fragen, schaut man uns an, als ob wir Gift bestellen würden. Später werden wir dann erfahren, dass man hier eine spezielle Lizenz für den Alkoholausschank braucht, die wohl so teuer ist, dass keiner sie sich leisten will.

 

 

Bevor wir nach Cochin, dem Ort unserer Rückreise, fahren, wollen wir ein paar Tage am Meer verbringen. Wir finden auch ein sehr nettes kleines Hotel direkt am Meer bei Alleppey, das Alleppey Beach Resort http://www.thealleppeybeachresorts.com. Dummerweise haben wir uns den Strand nicht näher angeschaut. Als wir am Abend schwimmen gehen wollen, erleben wir eine böse Überraschung. Auf der einen Seite des resorts ist eine Fischersiedlung und die Bewohner nutzen den Strand mangels Alternativen als Toilette. Der Weg ins Wasser erfordert somit umsichtige Schritte zur Vermeidung der vielen "Tretminen". Auf der anderen Seite steht ein paar Hundert Meter entfernt ein Krankenhaus und der ganze Klinikmüll, inclusive Spritzen und Verbandszeug landet über ein kleines Rinnsaal ebenfalls im Meer. Das wars dann mit Baden! Man kann nur hoffen, dass in den letzten Jahren seit unserer Reise hier etwas getan wurde.

Dafür erleben wir dann im Hotel eine freudige Überraschung: Bier gibt es zwar offiziell nicht, aber wir sollen "chef's special' ordern. Der Chef düst dann auf seinem Moped davon und kehrt kurz danach mit zwei unter seiner Jacke versteckten Fläschchen "King Fisher Beer" zurück. Für den nächsten Tag ordern wir gleich vier "chef's specials".

Alleppey wird gerne als das "Venedig des Ostens" bezeichnet, nun ja dazu gehört schon eine sehr große Portion Phantasie. Die Stadt ist ganz nett, aber wenn man nicht hier war, hat man nicht wirklich was versäumt im Gegensatz zum "echten" Venedig.

Als echtes Highlight entpuppt sich dann die Fahrt durch die Backwaters. Wir bewundern die edelst ausgestatteten Hausboote, die jeden erdenklichen Komfort bieten, entscheiden uns dann aber doch für eines der kleinen Boote, weil man damit auch durch die engen Kanäle schippern kann. Das Ganze erinnert sehr an unseren Spreewald, lediglich mit anderer Vegetation und exotischen Tieren. Überall sitzen die farbenprächtig schillernden Kingfisher, Wasserbüffel nehmen ein wohl ziemlich lauwarmes Bad und die Wasserhyazinthen blühen üppigst.

 

Die letzten Tage unserer Reise verbringen wir in Cochin, genauer gesagt im historischen Teil Fort Cochin. Nachdem hier auch einige der großen Kreuzfahrschiffe Station machen herrscht eine hervorragende touristische Infrastruktur, natürlich mit dem Nachteil, dass die Preise entsprechend sind. Wir wohnen in einem kleinen Hotel im Kolonialstil, dem Old Courtyard www.oldcourtyard.com, mit romantischen Zimmerrn und einem excellenten Restaurant. Wie überall in Indien muss man aber auch hier kleinere Unzulänglichkeiten in Kauf nehmen, mal fällt der Strom aus, mal geht die Wasserpumpe nicht, mal regnet es wo rein.

Die Haupteinkaufsstraße von Cochin ist voll auf Touristen ausgelegt. Es reiht sich ein Laden an den anderen mit Saris, Pashminas, Schnitzereien und ähnlichen Andenken, zum Teil sehr schöne Ware. Lästig sind allerdings die Händler, sie versuchen mit allen Mitteln dich in ihren Laden zu locken, was bei mir allerdings jede Kauflust sofort erstickt. Ein einziger Händler sitzt ruhig auf der Treppe vor seinem Geschäft und schaut entspannt dem irren Treiben der anderen zu. In seinem Laden kaufen wir dann schließlich völlig unbedrängt jede Menge Seidenschals und Mitbringsel für unsere Lieben daheim. 

Am Nordufer von Fort Cochin stehen die bekannten chinesischen Fischernetze. Angeblich wurde diese Art von Fischfang durch chinesische Händler eingeführt. Mindestens vier Mann bedienen die Seile der Hebevorrichtung, mit der die Netze ins Wasser gelassen und hoffentlich voll mit Fischen wieder heraus gezogen werden. Seit dem Tsunami vor einem Jahr, so erzählen uns die Fischer, sei der Ertrag aber sehr zurück gegangen. Mittlerweile verdienen sie ihr Geld wohl eher mit den Touristen, die fürs Fotografieren zur Kasse gebeten werden (ist uns sonst nirgends passiert). Die gefangenen Fische werden dann in kleinen Kistchen mit einem Alibieiswürfel auf dem Bauch aufs Fahrrad geschnallt und in der Umgebung verkauft oder man lässt sich gleich vor Ort einen zubereiten.

Besonders lustig fanden wir die hiesige Trinkkultur. Auch hier ist der offizielle Ausschank von Bier oder Wein verboten oder an teure Auflagen geknüpft, aber man weiß sich zu helfen: statt Bier bestellt man Hopfentee! Das Bier wird in einem dunklen Kämmerchen in eine Teekanne gefüllt und dann am Tisch aus Teetassen getrunken. Wenn man sich in den Lokalen so umschaut sitzen überall "Teetrinker".

Zum Abschluss besuchen wir noch das Grabmal Vasco da Gamas, der hier an Heilig Abend 1524 starb. Dann heißt es die Räder für den Flug verpacken, uns auf Schnee und -5° vorbereiten und nach 1445 gestrampelten Kilometern und vielen wunderbaren, manchmal für uns auch seltsamen Eindrücken von Indien zu verabschieden. Schön wars!

Hier noch der link zu Google Maps mit unserer Route:

https://maps.google.de/maps/ms?msid=202095463580703108838.0004d521a234f7e85c6aa&msa=0